Menschen bei einer Beerdigung

Von einem Moment auf den anderen ist die Welt nicht mehr, wie sie war - nach einem Suizid herrscht Fassungslosigkeit.

Bild: iStockPhoto / FrankVinken

Unfall und Suizid

Mitten aus dem Leben heraus

Gestern noch haben wir zusammen gelacht, heute bist Du nicht mehr da. Gestern haben wir beieinander gesessen, heute stehe ich an Deinem Sarg.

Von einem Moment auf den anderen ist die Welt nicht mehr wie sie war. Wenn ein Mensch durch einen Unfall oder einen plötzlichen Todesfall fortgerissen wird, dann herrscht erst einmal Fassungslosigkeit:

Kann das überhaupt sein? Wie soll man das begreifen? So ganz ohne Vorbereitung und Abschied loslassen zu müssen, wird als besonders bitter und schmerzhaft erfahren. Oft dauert es Wochen, bis Angehörige wirklich realisieren, dass der geliebte Mensch verstorben ist.

Die Telefonseelsorge

Die TelefonSeelsorge ist eine bundesweite Organisation. Rund 7.700 umfassend ausgebildete ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit vielseitigen Lebens- und Berufskompetenzen stehen Ratsuchenden in 104 TelefonSeelsorgestellen vor Ort zur Seite. Die TelefonSeelsorge ist erreichbar unter Tel.: 0800/111 0 111 oder unter Tel.: 0800/111 0 222. Der Anruf ist kostenfrei.

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Noch schlimmer ist es, wenn auch nach dem Tod kein Abschiednehmen möglich ist, weil die Umstände oder polizeiliche Ermittlungen es nicht erlauben. Hier bieten Notfallseelsorger, die in der Regel von Polizei oder Feuerwehr alarmiert werden, wertvolle Hilfe. Wie Lotsen geben sie im ersten Schock Orientierung und Hilfestellung. Sie informieren meist auch den Pfarrer oder die Pfarrerin vor Ort, die in den folgenden Tagen ihre Begleitung anbieten.

Eine so belastende Situation muss niemand alleine durchstehen. Gerade bei einem plötzlichen Todesfall ist es sinnvoll, Hilfe von Freunden, der Pfarrerin und dem Pfarrer anzunehmen und Trauerbegleitung zu suchen. Oftmals bieten Kirchengemeinden kompetente und einfühlsame Hilfe in Trauertreffs an.

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Suizid

Wenn ein Mensch sich das Leben genommen hat, kommen für die Angehörigen zu dem Schock meist noch Hilflosigkeit und Schuldgefühle dazu. Vielfach haben sie schon eine lange Leidensgeschichte hinter sich: Sie haben mit dem Verstorbenen gerungen und versucht, ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Oder sie hatten keine Ahnung, was in dem Menschen neben ihnen vorgegangen ist, und suchen fassungslos nach dem Warum.

„Was habe ich falsch gemacht?“, ist die verzweifelte Frage vieler Hinterbliebener. Spekulationen, Schuldzuweisungen und unbedachte Äußerungen aus dem Umfeld sind in dieser Situation kaum zu ertragen und vergrößern das Leid.

Der Mensch sieht, was vor Augen ist – Gott aber sieht das Herz"

(1. Sam)

Auch die Kirche hat zu diesem Leid beigetragen: Jahrhundertelang verurteilte sie Menschen, die sich das Leben genommen haben und verweigerte ihnen ein Begräbnis. Gott, dem Schöpfer und Herr über das Leben, stehe es allein zu, das Leben wieder zu nehmen, lautete die Begründung.

Auch wenn diese Glaubensaussage heute noch gilt, so falsch und unmenschlich waren die Schlüsse, die daraus gezogen wurden. Denn sie übersah das Leiden der Betroffenen, ihren inneren Kampf, Lebensumstände, die für sie unerträglich scheinen. Niemand wirft leichtfertig sein Leben weg. Wer will darüber urteilen?

Die bayerische Landeskirche hält daran fest, dass das Leben ein Geschenk ist, das nicht weggeworfen werden soll. Deswegen ermuntert sie dazu, andere Auswege zu suchen, bietet Beratung und Begleitung an und lehnt aktive Sterbehilfe ab. Sie weiß aber um Gottes Nähe und Liebe gerade zu denen, die leiden und nicht mehr weiter wissen. Sie wird keinem Christen die christliche Bestattung versagen, ganz gleich, auf welche Art er zu Tode gekommen ist. Ihre ganze Sorge und Zuwendung gehört den Angehörigen.

23.09.2020
Anne Lüters